Recherche für historische Romane
- regina84193
- 8. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Okt.

Historische Romane haben eine besondere Anziehungskraft. Sie reißen uns davon in andere Zeiten und zu unbekannten Orte. Die Geschichten sind oft mit realen Ereignissen und Persönlichkeiten verwoben. Diese Kombination macht sie nicht nur unterhaltsam, sondern auch lehrreich. Aber dafür müssen sie erst einmal gut recherchiert sein. Wie ich bei der Recherche vorgehe
von Mira Valentin
Als Journalistin habe ich bereits in jungen Jahren gelernt, wie wichtig intensive Recherche für jeden Text ist. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, in der man Radiobeiträge noch mit Tonband aufgenommen und anschließend die Bänder in Stücke geschnitten hat. Damals musste ich vor jeder Reportage eine Anfrage ans Archiv stellen musste, damit die dort arbeitenden Damen dann drei Tage später einen Rollwagen mit den gesammelten Zeitungsausschnitten zum Thema in mein Büro bringen konnten. Es gab kein Internet und Reisen war teuer, aber wir sind trotzdem in die Welt hinaus gefahren und haben mit Mesnchen geredet.
Heute ist alles so viel einfacher! Und trotzdem profitiere ich immer noch von den damaligen Methoden. Ich recherchiere in drei Stufen:
Lesen: Dazu bestelle ich mir zwar keinen Archiv-Rollwagen mehr, aber ich informiere mich zunächst übers Internet und bestelle mir dann haufenweise Bücher zum Thema. Den Ausdruck "haufenweise" benutze ich nicht umsonst, denn tatsägclich stapeln sich die Fachbücher zum Thema Wikinger, Mittelalter und Kathedralenbau in meinem Haus. Nicht alle lese ich ganz. Ich markiere mir Stellen, unterstreiche Abschnitte und kritzele an den Rand. Es ist ein Fachbuch-Massaker!
Experten dazu holen: Einige Informationen sind so speziell, dass man sie auch im hundertsten Buch und auf der tausendsten Internetseite nicht findet. Hat man aber Leute an der Hand, die das Thema studiert haben beruflich damit zu tun haben, lassen sich auch Fragen beantworten wie: "Was könnte ein Wikinger, der im Jahr 985 von Island nach Kiew reist, unterwegs sehen, das er noch nie gesehen hat?" Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Fachleute ihr Wissen gerne mit Autoren teilen, wenn man freundlich anfragt. Und ja, KI kann den Experten hier zum Teil ersetzen, aber trauen sollte man ihren Antworten nie.
Reise und Selbstversuch: Was für Reportagen gilt, gilt auch für belletristische Texte: Man kann sie viel eindringlicher und aufwühlender schreiben, wenn man die Dinge selbst gesehen oder erlebt hat. Aus diesem Grund habe ich schon Wikingerschiffe gerudert, Schafe getrieben, Messer geschmiedet, mit Schwert und Bogen gekämpft, Kung Fu gelernt und allerhand eklige Speisen probiert. Manchmal sind es nur Nebenschauplätze im Buch, aber sie kommen eindringlicher rüber, wenn man weiß, wie es ist, mit Blut auf Pergament zu schreiben oder Mehlstaub anzuzünden. Ab einem gewissen Punkt sollte natürlich Schluss sein. Einmal habe ich es übertrieben und wegen geplanten Schwarzpulver-Experimenten das Sprengstoffkommando an meiner Tür gehabt.
Ich werde oft gefragt, an welchem Punkt man aufhören sollte und ob man sich auch in Recherche verlieren könnte. Ich gebe zu, dass ich mich immer – bei jedem einzenen Buch – in meiner Recherche verliere und an den Punkt komme, dass ich noch keine Zeile geschreiben habe, aber einen Wust aus Halbwissen mit mir herumtrage. Ich finde aber immer wieder zurück. Man fängt dann an zu schreiben, muss dann auf Seite 2 schon wieder nachrecherchieren, was unglaublich viel Zeit kostet. Das ist aber völlig normal. Wer diesen Weg gehen will, muss speziell zu Beginn eines neuen Buches damit rechnen, dass er oder sie nicht schnell vorankommt. MIt der Zeit wird es besser und ich garantiere: Es lohnt sich!



Kommentare